Alternativen zum Gipsabbau
Den zukünftig wegfallenden REA-Gips durch Naturgips zu ersetzen bedeutet nicht nur eine großflächigere Zerstörung des Ökosystems Gipskarst, sondern auch eine schnellere Erschöpfung der zur Verfügung stehenden Abbauflächen. Immerhin müsste bei gleichbleibendem Bedarf der jährliche Abbau um 60 % gesteigert werden.
Da Gips kein nachwachsender Rohstoff ist, müssen also Alternativen gefunden werden.
Je schneller wir Alternativen erarbeiten, umso eher kann die großflächige Zerstörung des Ökosystems Gipskarst auf ein Minimum reduziert oder sogar ganz aufgegeben werden.
Welche Alternativen gibt es, um den Gipsabbau zu reduzieren?
Der BUND Thüringen hat ein Gutachten zum Ausstieg aus dem Naturgipsabbau bis 2045 in Auftrag gegeben. Demnach gibt es reale Möglichkeiten, wie ein Ende des Naturgipsabbaus gestaltet werden kann. Dazu zählen unter anderem
- strengere Regelungen für Gips-Recycling
- Schaffung von Anreizen für die Anwendung von Chemiegipsen
- der verstärkte Einsatz nachwachsender Rohstoffe für Bauprodukte
Das Gutachten finden Sie unter folgendem Link:
Die einfachste, aber für die Gipsindustrie unwirtschaftlichste Lösung zur Kompensation der bald wegfallenden REA-Gipse wäre:
- Den Export zu stoppen und diese Menge für den Eigenbedarf zu nutzen. Die Gesamtmenge des Exportes beträgt schon 40 % der Gesamtmenge an REA-Gipsen (siehe Export).
- Den Verbrauch zu minimieren, indem man auf alternative Baustoffe zurückgreift.
Eine wirtschaftlichere Lösung ist:
1. Recycling von Gips
Gips ist ein hochwertiger Rohstoff, der aufbereitet, immer wieder dem Stoffkreislauf zurückgeführt werden kann.
Bis zum Jahr 2014 gab es in Deutschland kein industrielles Recycling für gipshaltige Abfälle.
Die erste stationäre Aufbereitungsanlage in Deutschland zum hochwertigen stofflichen Recycling gipshaltiger Abfälle wurde durch die MUEG (Mitteldeutsche Umwelt- und Entsorgung GmbH) im zweiten Quartal 2014 in Großpösna in Betrieb genommen.
Mittlerweile gibt es in Deutschland 4 Anlagen:
- MUEG (Mitteldeutsche Umwelt- und Entsorgung) GmbH - in Großpösna seit Mitte 2014
- STRABAG Umwelttechnik GmbH - in Deißlingen seit Ende 2014
- New West Gypsum Germany GmbH in Pulheim bei Köln - seit 2017
- REMONDIS GmbH & Co. KG Region Südwest in Zweibrücken - seit Ende 2018
Das klingt vielversprechend und dennoch ist es für diese Firmen nicht so einfach, genügend Gipsabfälle zu erhalten, um ihre Anlagen und somit die Gipsproduktion voll auszulasten.
Auf der Seite von New West Germany ist dazu folgendes zu lesen:
In Deutschland wurden 2017 rund 600.000 Tonnen Baustoffe auf Gipsbasis (Abfallschlüssel 17 08 02) entsorgt, weniger als 5% hiervon wurden richtig recycelt.
Ähnliche Informationen findet man ebenso auf der Seite https://kreislaufwirtschaft-bau.rlp.de/de/best-practice/gipsrecycling/ in dem Artikel über REMONDIS GmbH Co.KG Zweibrücken:
Von einem Gesamtabfallaufkommen von etwa 600.000 t/a gelangen derzeit große Massenströme (>100.000 t/a) an Gipsabfällen nach Tschechien in die Sanierung uranhaltiger Schlammteiche.
Der überwiegende Anteil der Gipsabfälle wird auch heute also noch auf Deponien entsorgt oder ins Ausland gebracht.
Es müssen folglich mehr Anreize für das Gipsrecycling geschaffen werden, um eine höhere Recyclingquote zu erreichen.
Zum Vergleich die Recyclingquote nach Ländern
Land (Jahr) | Recyclingquote in % |
---|---|
Deutschland (2017) | 5% |
Frankreich (2012) | 13,7 % (Erhöhung auf 70% bis 2020 geplant) |
Niederlande (2012) | 40,4 % |
Vereinigtes Königreich (2015) | 42 % |
Dänemark (2015) | 60 % |
Quelle: Studie des Umweltbundesamtes von 2017: Ökobilanzielle Betrachtung des Recycling von Gipskartonplatten (Umweltbundesamt.de)
Um die Mengen an Recycling-Gips in Deutschland zu erhöhen, ist es notwendig, dass die Gipsabfälle auf Wertstoffhöfen getrennt erfasst werden. In Skandinavien und auch dem Vereinigten Königreich steuert man dies z.B. mit einer Art Strafzoll für die Ablagerung von Gipsabfällen auf Deponien. Dort liegen die Entsorgungskosten über Deponien bei 100 Euro pro Tonne und höher zuzüglich Transportkosten und Deponiesteuer.
In Deutschland ist es jedoch kostengünstiger, alternative Verwertungs- und Beseitigungswege vorzuziehen:
- zur Verfüllung und Abdeckung auf Kalihalden oder Deponien
- Verbringung ins benachbarte Ausland (aktuell setzt Tschechien Gipsabfälle zur Rekultivierung von uranhaltigen Bergbauschlämmen ein)
(Quelle: Gipsrecycling: Noch etliche Steine im Weg – EU-RecyclingGipsrecycling: Noch etliche Steine im Weg – EU-Recycling)
Die Verbringung von Gips in ökologisch zweifelhafte Verwertungsmaßnahmen im Ausland muss kritisch hinterfragt und in begründeten Fällen untersagt werden.
2. Einsatz von Sekundär- oder Chemiegipsen
Diverse Sekundär- oder Chemiegipse bieten oft gleichwertigen oder sogar besseren Ersatz für Naturgips, da ihre Reinheitsgrade höher sind.
Bei den REA-Gipsen ist dies mittlerweile bekannt. Doch neben den REA-Gipsen gibt es noch andere künstliche Gipse, z.B. den Phosphorgips.
Dennoch werden diese Phosphorgipse von der Wirtschaft als ‚mittelpreisig‘ eingestuft, da die Aufbereitung zu Baustoffen teurer ist als der Naturgipsabbau.
Bei Phosphorgipsen kann es vorkommen, dass diese zu einem gewissen Grad radioaktiv sind.
Die Radioaktivität tritt vorwiegend in den grobkörnigen und ganz feinkörnigen Bestandteilen auf. Durch ein spezielles Trennverfahren und Messung der verbleibenden Radioaktivität, kann die Einhaltung der gültigen Grenzwerte gesichert werden.
Als Alternative zum Naturgips durchaus geeignet, aber für die Gipsindustrie teurer.
3. Umstieg auf alternative Baustoffe
Als Alternative gibt es mehrere Baustoffe, wie z.B. Holz, Lehm, Stroh oder auch Hanf.
Dass auch alternative Baustoffe den heutigen Anforderungen beim Bau gerecht werden können, erläutern wir an dieser Stelle
am Beispiel Hanf
Die Vorteile der Hanffaser, vor allem im Hinblick auf die Qualität, die Langlebigkeit und die ökologische Bilanz, sind so deutlich zu sehen, dass es verwundert, dass dieser derzeit nur einen Marktanteil von 7% erreicht. Natürlich spielt der Preis eine Rolle, denn energieintensive, aber günstige Baumaterialien wie Styropor oder andere chemisch hergestellte Kunststoffe bestimmen den Markt und damit die Entscheidungskraft der Konsumenten und Hausbauer. Ökologisch und auch bautechnisch sollte man den Baustoff Hanf in Zukunft vor allem wettbewerbsfähig machen, damit er sich durchsetzen kann.
Baurelevante Vorteile des Baustoffes Hanf:
- Hanf ist langlebig, extrem widerstandsfähig und fest.
- Er hat somit die idealen bauphysikalischen Eigenschaften, um beim Hausbau die dynamischen Dämmwerte und geringen Temperaturleitwerte zu erfüllen.
- Der Hanffilz (wird aus der Rohfaser Hanf hergestellt) kann sehr gut zur Trittschalldämmung eingesetzt werden und hat den weiteren Vorteil, dass die Hanffasern die Raumluftfeuchtigkeit in hohem Maße regulieren.
- Die Fasern können bequem und ohne gesundheitsgefährdende Stoffe im Haus verbaut werden.
- Die Hanffaser kann als Dämmstoff mit allen diffusionsoffenen Baustoffen wie Mauerwerk oder auch Holz verbunden werden.
- Sämtliche Langzeitschäden an Häusern (z.B. Hausschwamm) können mit Baufasern aus Hanf vermieden werden.
- Klare Vorteile auch im Brandschutz: Die Faser gilt als schwer brennbar und ohne toxische Schwelgasentwicklungen. Auch die Gefahr des Kamineffektes wird mit Hanf als Baustoff verhindert.
- Der Schallschutz kann mit den Produkten aus der Hanffaser die Raumakustik sehr positiv beeinflussen. Die Schallausbreitung kann je nach Bedarf in alle Richtungen in den Wänden so gelenkt werden, dass Lärm von außen gedämpft wird oder auch Lärm innerhalb des Hauses auf allen Ebenen stark verringert werden kann.
- Ein weiterer interessanter Aspekt der Hanffaser ist die Tatsache, dass Schädlinge wie Mäuse oder Käfer den Hanf als großes Hindernis sehen, denn die Hanffaser ist für diese Tiere nicht futterrelevant, und somit gibt es keinen Grund für sie in das Haus einzudringen.
Ökologische Vorteile des Baustoffes Hanf:
- Hanf wächst schnell und fast überall
- braucht nicht viel Wasser und nur wenig Dünger
- Hanf muss nicht chemisch mit Herbiziden, Pestiziden oder Fungiziden gespritzt werden (schont Insekten, wie Bienen und Bodentiere)
- Hanf gibt dem Boden Nährstoffe zurück und bereitet den Boden für die nächste Kultivierung auf (viele andere Pflanzen laugen die Böden aus).
- Die Hanfpflanze reduziert CO2
- Im Gegensatz zum Holz können alle Teile der Pflanze genutzt werden (von den Samen über die Blätter bis hin zu den Stängeln).
Ob Wärmespeicherung, Wärmedämmung, Schallschutz, Trittschallschutz und Brandschutz – mit Hanf als Baustoff können alle modernen Anforderungen im Hausbau erfüllt werden und das umweltgerecht und ressourcenschonend.